„Ist das Musik?“
(D 2023, 97 Min., Regie: Bernd Fiedler)
Florence Foster Jenkins gewidmet
Bemerkungen von Bernd Fiedler zu seinem Film
Musik ist das, was aus den Noten von Beethoven, Mozart und Bach erklingt. Oder aus dem Grammophon-Trichter – von Armstrong und Gershwin. Oder was die Menschen freudig zum Tanzen bringt mit Walzer, Schuhplattler und Rock’n’Roll … So dachte und hörte auch ich – noch leicht begrenzt –, bis ich etwa um 1960 der Musique concrète begegnete. In der montierten Musiker wie Pierre Henry oder Pierre Schaeffer mit damals (etwa 1947-1960) moderner Aufnahmetechnik aus natürlichen, alltäglichen und industriellen Geräuschen poetische Klangstrukturen, die sie als Musik bezeichneten.
Diese aparte Perspektive einer akustischen Wahrnehmung faszinierte mich sofort, denn schon lange vorher war mir aufgefallen, dass Regentropfen auf dem Blechdach, Türen-Schrammen am Zaun, Gänse-Quaken oder Kindergeschrei manche Nähe zur Musik aufweisen. Auch sagen die Leute ja gerne beim Abschied nicht einfach nur „Tschüß“, sondern ruf-singen fröhlich in mehreren Tonhöhen „Tschü-hü-üß“, das „Hallo“ bei der Begrüßung wird zuweilen geradezu gejodelt.
Wie ist Musik entstanden und warum? Schon sehr früh musizierten die Menschen, um durch elementare Tonfolgen als Signal oder einfach „nur“ aus Freude am Klang miteinander zu kommunizieren. Klare Melodien und Geräusche werden weltweit ohne Dolmetscher verstanden, bestimmte Akkorde heben das Lebensgefühl aller Menschen. Verbindende Berührung durch Klänge – und (mit-)schwingende Bilder im Sinne eines Cinéma concrète. Diese Einsicht gab mir den Anstoß für den Film „Ist das Musik?“, der ausschließlich aus meinem privaten Film- und Ton-Archiv montiert wurde.
Wie habe ich diese umfangreiche Materialsammlung aufgebaut? Spontaneität ist dabei von Anfang an mein Motto gewesen. Fast immer trage ich bei mir eine kompakte Video-Kamera, mit der ich alltägliche Vorgänge in Bild und Ton „live“ festhalten kann. (Früher war es eine kleine Filmkamera mit einem handlichen Kassetten-Recorder.) Immer bereit zur natürlichen Aufnahme in der Nähe des Geschehens ist das gedankliche Fundament meines Handwerks.
So gelang und gelingt es mir, lebendige Musik-Ereignisse verschiedenster Art festzuhalten: spontane Klang-Auftritte prominenter Profi-Musiker (z. B. Eddie Constantine, Leonard Bernstein), routinierter Straßen-Musikanten oder engagierter Amateure – und Wellen-Rauschen an der Meeresküste, Windes-Heulen am Fenster oder lautes Hunde-Bellen mit Katzen-Miauen im Garten.
Das Ziel meiner Arbeit ist dabei, durch eine dichte Montage die Höhepunkte, Täler sowie Ebenen dieser farbigen Klang-Clips sensibel aufeinander abzustimmen und sie dann in einer Art szenischem Ablauf miteinander zu choreografieren.
Die Botschaft dieses Films: Nicht Perfektionierung der Töne und des Spiels entscheidet, sondern die Freude am Klang! Auch wenn Wilhelm Busch einst sagte: „Musik wird oft nicht schön empfunden, weil stets sie mit Geräusch verbunden.“ Dem möchte ich hinzufügen: Musik soll gut klingen, auch wenn es manchmal schwer fällt. Freiheit für die Musik! Schöne Melodie schafft gut gestimmte Verständigung – und das international und über alle (Sprach-)Grenzen hinweg. Denn alle Musik – und das ist Musik – ist bedeutungsfrei. Wie sagte doch einmal Georges Duhamel: „Musik befreit uns von uns selbst.“
(Bernd Fiedler, moviedler@gmx.de)
Mi, 18. Oktober 2023, 19 Uhr, KulturForum in der Stadtgalerie Kiel
Eintritt: 5 € (erm. 3 €, Geflüchtete frei)
Neueste Kommentare