„Jeder ist verantwortlich“
(D 2024, 45 Min., Regie: Filmgruppe Chaos – Premiere!)
1968 drehte der Filmstudent Holger Meins den Kurzfilm „Wie baue ich einen Molotow-Cocktail?“. Am 1. Juni 1972 wurde er zusammen mit Andreas Baader und Jan-Carl Raspe in Frankfurt am Main verhaftet. 1974 verstarb er bei einem Hungerstreik gegen die Haftbedingungen. Das nach ihm benannte „Kommando Holger Meins“ stürmte am 24. April 1975 die Deutsche Botschaft in Stockholm, um politische Gefangene freizupressen, und erschoss dabei zwei Geiseln.
Im gleichen Jahr begannen Kieler Schüler, den Super-8 Film für sich zu entdecken. Unter dem Namen Filmgruppe Chaos nutzten sie das Medium, um jenseits der gewohnten Filmsprache ihren Blick auf die Welt kundzutun. Fast fünf Jahrzehnte später griff die Filmgruppe auf Bildmaterial von Holger Meins über den Bau eines Molotow-Cocktails zurück und nahm Kontakt zu Lutz Taufer auf, einem ehemaligen Mitglied des „Kommandos Holger Meins“. Lange Gespräche über die 68er Bewegung, die RAF, 20 Jahre Knast, die Arbeit in einer brasilianischen Favela und die heutigen Verhältnisse bilden die Grundlage des Films „Jeder ist verantwortlich“. Gedreht wurde mit einer Arriflex Kamera auf 16mm Schwarzweißmaterial, das anschließend handentwickelt wurde. Der Film hätte von einem Underground-Filmer der 1960er Jahre stammen können.
Lutz Taufer wird bei der Filmpremiere in Kiel anwesend sein und ist interessiert an einer Diskussion mit dem Publikum.
Zum Hauptfilm kommen drei Kurzfilme über Menschen im Mahlwerk der Verhältnisse (allesamt Premieren). Einige Bilder sind experimentell, die Filmsprache der Filmgruppe Chaos ist gegen den Strich gebürstet. In „Kurts Schluß“ geht es um einen Bahnarbeiter, der für einen Aufruf zu einer Friedensdemo aus der SPD ausgeschlossen wurde. Als er nach einer Weiterbildung eine Stelle an der Berufsschule beginnen wollte, wurde er zu einem frühen Opfer der Berufsverbote.
„Kurts Schluß“ (D 2024, 15 Min. 16mm, Farbe, Filmgruppe Chaos)
„Confusionism“ (D 2024, 7 Min., 16mm, Farbe, Filmgruppe Chaos)
„Die Früchte der Norm“ (D 2024, 4 Min., 16mm, Farbe, Filmgruppe Chaos)
Zur Geschichte und dem umfangreichen Werk der Filmgruppe Chaos siehe: www.filmgruppe-chaos.de sowie www.blitzfilm.de.
Mi, 12. Juni 2024, 19 Uhr, KulturForum in der Stadtgalerie Kiel
Eintritt: 5 € (erm. 3 €, Geflüchtete frei)
Presseecho
Ankündigung in den „Kieler Nachrichten“ vom 5.6.2024, S. 19, „Kulturtipps der Woche“
„Uzun ince bir yoldayım“ („Ich bin auf einem langen und schmalen Weg“) von Âşık Veysel Şatıroğlu, vorgetragen von Cem Ücelehan als Live-Soundtrack zu „Die Früchte der Norm“ (Video: ögyr)
Bericht von Beate Jänicke in den „Kieler Nachrichten“ vom 14.6.2024, S. 13
Neueste Kommentare