„Das Geheimnis von Kiel“

(D  2022, 89 Min., Regie: Helmut Schulzeck)

Die Kieler Innenstadt und ihre architektonische Gestaltung ist seit vielen Jahrzehnten Gegenstand unzähliger Kontroversen. Der Kieler Filmemacher Helmut Schulzeck widmet sich mit einem pointierten und streitlustigen Dokumentarfilmessay der baulichen Entwicklung der Innenstadt. Mit viel Gespür für die Probleme und Kuriositäten Kiels „erweist sich Schulzeck dabei als wacher Chronist der Stadt. Die ebenso provokante wie stets herzerwärmende Hommage, in der auch viele Protagonisten der Stadt zu Wort kommen“ (KN), gerät dabei zum Heimatfilm der widerspenstigen Art.

Hinterhof im Schlossquartier mit „heimeliger“ Aussicht auf die Parkhausfassade (alle Fotos: Bernd Fiedler / Helmut Schulzeck)

„Das Geheimnis von Kiel“ ist ein teilweise ironischer Essayfilm, der sich kritisch mit der jüngsten baulichen Gestaltung der Kieler Innenstadt anhand einiger markanter, aber deutlich umstrittener Beispiele auseinandersetzt.

Neben den am Rande der so genannten Kieler „Altstadt“ liegenden, erst ein paar Jahre alten Wohnkomplexe „Schlossquartier“ und „Alte Feuerwache“ nimmt der Film besonders Holstenfleet und Randbebauung der Hörn aufs Korn, wenn man es einmal so, der Vorgehensweise des Films durchaus angemessen, formulieren darf.

„Keine architektonischen Wunderwerke“ – Klinkerklötze am Ostufer der Hörn

Überdies blickt der Film zurück auf den ursprünglichen Sophienhof, seine Besetzung 1980 und Räumung im Sommer 1983 als ein spätes Beispiel für das ebenso bemerkenswerte wie bedauerliche Vorgehen in Stadtplanung und -gestaltung nach 1945. Neben Wohnungsknappheit und durchs Auto getriebenem Verkehrswegebau bestimmten wie heute erhebliche Renditeerwartungen privater Investoren das bauliche Geschehen auch in Kiel.

Im heutigen Kiel wird immer noch gerne abgerissen. Karsten Weber von der Filmgruppe Chaos lässt den Zuschauer dazu als aktiver Zeitzeuge, der damals wie heute der Kieler Bau- und Wohnungspolitik äußerst kritisch gegenüberstand und -steht, sehr lebendig und sympathisch an seinen Erinnerungen teilhaben.

Bewässerte Betonwüste – der Holstenfleet

Darüber hinaus bringen die beiden kunstgeschichtlich wie architektonisch bewanderten Kulturjournalisten Jens Rönnau und Hannes Hansen – stadtbekannte Persönlichkeiten, die sich schon vielfach um Kiel verdient gemacht haben – ihr historisches Wissen und ihre denkmalschützerische Expertise ein.

Den Tenor des Films gibt ein ironischer Prolog vor, der in der Folgezeit wieder aufgenommen wird und in dem es unter anderem heißt:

„Kritiker sagen, Kiel sei so gesichtslos wie kaum irgendeine andere Stadt in der Republik. Langweilige Provinz. Sie hätte nichts Besonderes oder Attraktives, wenn es nicht die Förde gäbe, die man von behördlicher Seite aus nur schwer baulich beseitigen könne. Andere, die noch nie hier waren, halten Kiel für eine ganz normale Hafenstadt an der deutschen Ostseeküste.
Und dennoch (…) ob sie als hier Geborene nach langer Abwesenheit in die Heimat zurückkehren oder als Touristen aus Reise- und Entdeckerlust die Stadt beschnuppern. Alle erfasst sie dieses geheimnisvolle Ahnen.
Sobald der Ankommende Kieler Boden betritt, spürt er die Magie dieser Stadt …“

„Späte Missgeburt des Modernismus“ – die neue Alte Feuerwache

Der Film will nicht ausgewogen, geschweige denn objektiv sein. Mit seinen kritischen Reflexionen und Einsprüchen ist er eher ein Freund der Kontroverse bei diesem seit langer Zeit umstrittenen Thema zwischen Politik, Stadtverwaltung und Teilen der Geschäftswelt auf der einen und einem nicht kleinen Teil der Bevölkerung auf der anderen Seite.


 

Filmfacts:

„Das Geheimnis von Kiel“
Ein Film von Helmut Schulzeck (D 2022, 88 Min.)

  • Mit: Karsten Weber, Jens Rönnau, Hannes Hansen, Marion Y. Engmann, Erhard Bultze, Friedrich-Wilhelm Scheller, Tina Wagner, Kai U. Jürgens, Andrea Duffy, Ulf Kämpfer, Norbert Aust, Daniel Hacker
  • Regie, Buch, Schnitt und Produktion: Helmut Schulzeck
  • Kamera und Ton: Bernd Fiedler und Helmut Schulzeck
  • Sprecher*in: Jörg Meyer, Maria Debora Wolf
  • Musik: Svend-Roland Kock – Gitarre: Oliver Klein („Nachtfahrt“) – u.a.
  • Beratung: Bernd-Günther Nahm
  • Förderung: Landeskulturverband Schleswig-Holstein e.V.

Filmbesprechung von Jörg Meyer auf www.hansen-munk.de

Mi, 28. September 2022, 19 Uhr, KulturForum in der Stadtgalerie Kiel
(Andreas-Gayk-Str. 31)

Eintritt: 5 € (erm. 3 €, Geflüchtete frei)